Was soll ich sagen, ich heiße Frosch und bin vom Sternzeichen Fische, es ist also kein Wunder, dass ich das Wasser liebe. Im Wasser – am besten in Form eines klaren Bergsees – fühle ich mich einfach in meinem Element.
Daher war ich immer traurig, dass die Badesaison in unseren Breiten nur knapp 3 Monate dauert. Aber diese Zeiten sind vorbei, seitdem ich neben dem Wasser auch die Kälte lieben gelernt habe.
Das erste Mal
Vor 2 Jahren bin ich zum ersten Mal mit einer Gruppe fröhlicher Leute in einen 7 Grad kalten See gestiegen und hab dort zwei lange Minuten verbracht. Ich will nichts schönreden, es war saukalt und mir war die Selbstverständlichkeit, mit der meine Mitbader mit der Kälte umgangen sind, komplett unverständlich. Doch schon beim ersten Mal durfte ich nach dem Badeerlebnis eine gute Laune im Geist und Lebendigkeit im Körper wahrnehmen.
Die neue Morgenroutine
Seit dieser Erfahrung hab ich die Badesaison von 3 auf 12 Monate verlängert und gehe mehrmals die Woche in der Früh für ein bis zwei Minuten ins kalte Nass; in ein Pool, einen Fluss, einen See oder eine kalte Dusche, was sich halt gerade anbietet.
„Wozu das Ganze?“ fragt man sich als bisheriger Warmduscher unweigerlich. Was mich fasziniert hat, war den Prozess zu erfahren, wie von Mal zu Mal aus dem Widerstand gegen den kalten Reiz eine Annahme des Gefühls der Kälte geworden ist. Heute kann ich sagen, dass ich das Spüren des kalten Wassers, das Kribbeln auf der Haut und das Aufwärmen danach einfach liebgewonnen habe.
Findet das Kaltbaden im Freien statt, dann stärkt es meine Verbindung zur Natur – die Stille des erwachenden Tages, das Wetter, der Wechsel der Jahreszeiten, all das wahzunehmen, ist wohltuend.
Und eines schafft das kalte Wasser seit dem ersten Eisbaden immer wieder: in mir eine lebendige, freudige Stimmung zu wecken. Diese gute Stimmung spiegelt sich auch in den Kaltbadern, die mir das nasse Vergnügen erstmals gezeigt haben- fröhlich, unkompliziert, spontan. Das gemeinsame Bad scheint also eine kollektive Lebensfreude anzusprechen.
Das Spüren des kalten Wassers ist ein guter Ausgleich zu unserem oft mentalen und technologiebeladenen Alltag, bei dem sich alle dunklen Krisengedanken zumindest für kurze Zeit in Luft – oder eher im Wasser – auflösen. Wer denkt schon an Krieg, Korruption oder gar die Erderwärmung, wenn er bis zum Hals in eiskaltem Wasser steckt?
Was sagt die Wissenschaft?
Schon Hippokrates empfahl kalte Bäder mit nachfolgender Bewegung zur Stärkung des Immunsystems. Auch die Rheumatologie setzt mit den Kältekammerbehandlungen seit langem auf die heilsame Wirkung der Kälte. Das richtig dosierte Eisbaden löst eine positive Stressreaktion aus, die zu einer gesunden Gegenreaktion des Körpers führt. Die Gefäße der Haut kontrahieren durch den Kältereiz zunächst, dann setzt der Körper eine Vielzahl von Wirkstoffen wie Adrenalin frei, die die Durchblutung fördern und für Erwärmung sorgen. Zudem steigt durch die Kälte der Puls und der Blutdruck an, um danach unter den Ausgangswert abzufallen.
Die belegten Wirkungen sind überzeugend: Infekte verlaufen deutlich milder, Bakterien und Viren werden erfolgreich bekämpft, der Stoffwechsel wird angeregt. Auch nervöse Störungen und Überhitzungen des Körpers werden durch Abkühlung normalisiert. Die positive Wirkung der Kälte auf Entzündungsvorgänge führt langfristig zu einer Abnahme von rheumatischen Schmerzen und Entzündungen. Durch die Freisetzung von Glückshormonen können zudem Depressionen, Angst oder Burn Out gemindert werden.
Aufgrund der positiven Wirkung ist in der Kurklink Heiligendamm das Baden in der kühlen Ostsee ein Teil des Kurangebotes, das inbesondere von Patienten mit Burn Out oder Depressionen genutzt wird. Dabei wurde festgestellt, dass das Eisbaden für einen Großteil von 80% der Patienten gesundheitsförderlich war.
Für wen ist Kaltbaden geeignet und wann sollte es gemieden werden?
Das kalte Wasser wirkt stark auf den Körper ein und daher setzt Eisbaden einen stabilen Gesundheitszustand voraus. Bei Nierenerkrankungen, akuten Infekten, Durchblutungsstörungen des Herzens oder labilem Blutdruck sollte darauf verzichtet werden. Jedenfalls sollte bei gesundheitlichen Zweifeln der Hausarzt des Vertrauens konsultiert werden.
Weiters empfiehlt es sich, auf sein Körpergefühl zu hören. Menschen, die ohnehin unter Kältesymptomen leiden oder deren Körper sich nach dem Bad nicht von selbst wieder erwärmen kann, sollten vorsichtiger sein als hitzigere Zeitgenossen.
Was ist beim Kaltbaden zu beachten?
Vor allem am Anfang ist es wichtig, nur in geringer Wassertiefe kalt zu baden und eine Begleitperson dabei zu haben. Es ist anzuraten, langsam ins Wasser gehen und im Wasser tief und ruhig zu atmen. Der Kopf sollte jedenfalls trocken bleiben, ob die Hände eintauchen ist Geschmackssache.
Das Eisbaden sollte man langsam angehen. Es empfiehlt sich, zunächst mit Wechselduschen zu starten, im Spätsommer mit dem Baden zu beginnen und dieses dann im Herbst, Winter und Frühling fortzusetzen. Wichtig ist auch eine gewisse Regelmäßigkeit, um den Körper an die neue Erfahrung zu gewöhnen und das Erwärmen zu „trainieren“.
Außerdem ist die Dauer des Bades angemessen zu dosieren. Der ideale Zeitraum liegt in der Regel zwischen 30 Sekunden und 3 Minuten und hängt von mehreren Faktoren ab (Wassertemperatur; Körperkonstitution; Jahreszeit; Alter; Ernährung; Erfahrung; Häufigkeit; Hände im Wasser oder draußen….) ab. Im Internet gibt es dazu zahlreiche Zeittabellen, vertrau aber auch dabei Deinem Körpergefühl.
Spürst Du jetzt den Ruf des kalten Wasser? Dann probier`s einfach aus!